Im Sommer 1999 war ich auf einer Ranch in Wyoming - für mich war das die Entdeckung eines "Way of life" - unbeschreiblich schön. Und unbedingt ein Erlebnis, das ich wiederholen wollte. So bald wie möglich. Und weil Wyoming im Herbst schon Schnee bietet, ging es diesmal in den Süden: Arizona |
Vorbereitungen
Nach meinem
Traumurlaub in Wyoming war es gar nicht so einfach, eine andere Ranch zu
finden, die mir das bieten könnte, wonach mir der Sinn stand: Beschäftigung
rund ums Pferd und Ranchleben von Sonneaufgang bis -untergang. Nach Relaxen
im Liegestuhl war mir nicht - ich wollte Action pur!
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Anreise
Diesmal
hatte ich einen Flug weniger als nach Wyoming, dafür allerdings eine
längere Busfahrt in Arizona. Der sah ich aber mit Spannung entgegen,
sie würde gegen 14.00 Uhr starten - eine Gelegenheit, etwas vom Land
zu sehen.
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Who is Who on Mule Shoe Ranch
Stephen,
der Headwrangler |
Ihm gehörten die Rinder, er hatte die Ranch von den Besitzern gepachtet. Dafür, dass er Gäste mit nahm, bekam er eine günstigere Pacht. |
Judy + Bruce,
die Ranchbesitzer |
Sie lebten nicht auf der Ranch, sondern in Kalifornien. Die Ranch war nur ein Hobby, wenn sie mal da waren wohnten sie in einem Haus etwas dreihundert Meter von der Ranch entfernt. |
Jackie + Jim,
die "Gastbetreuer" |
Jackie ist Judys Schwester - eine fette, blonde Amerikanerin, die für die Gäste zuständig war. Ihr schmächtiger Mann half ihr dabei. |
Ivon, Stephens Sohn | Er war nur an den ersten beiden Tagen da, ein netter Kerl, der seinem Vater wann immer möglich bei der Rancharbeit half, aber einen anderen Job hatte, bei dem er mehr Geld verdienen konnte als auf einer Ranch |
John, der "Gastwrangler" | Er war erst seit vier Wochen
auf der Ranch und wurde eingestellt, um die Gastpferde zu beschlagen und
Ausritte mit den Gästen zu machen.
Er konnte beides nicht. |
Rob, auch "Gastwrangler" | Ebenfalls erst seit vier
Wochen auf der Ranch, zuständig für die Pferde und Gäste.
Er hatte Spaß an seiner Arbeit mit den Gästen - und die Gäste Spaß mit ihm. |
Johnny, Junge für alles | Er lief immer hier und da mal rum, fütterte und reparierte Zäune |
Brian, der Koch | Ein richtiger Ranch-Koch, der sein Leben lang von Küche zu Küche gereist ist. Und kochen konnte er hervorragend! |
Der erste Tag
Für
den nächsten Morgen war ein Round up angekündigt, Frühstück
um fünf. Ich würde natürlich nicht mitmachen müssen
- nach der späten Anreise.
Nach dem
Mittagessen ließ ich mir von Jim die Ranch zeigen. Neben dem Ranchhaus,
in dem vier Gästezimmer, das Esszimmer und die Küche waren, gab
es noch drei "Cabins" für die Gäste, alleinstehende kleine Häuschen
mit je zwei Schlafzimmern und einem Bad. Außerdem das Haus von Stephen,
einige Scheunen und Nebengebäude und eine große, umgebaute Scheune
mit Theke, Billardtisch, Dartspiel, Fernseher und Sitzecke als Aufenthaltsraum
für die Gäste.
Für
den Nachmittag war Kälber brennen und impfen angesagt. Die Tiere,
die wir am morgen zusammengetrieben hatten, wurden in einen Corral gebracht,
wo Stephen und Ivon sie sortierten. Wir Gäste konnten dabei eigentlich
nicht helfen, aber Stephen forderte Laura und mich trotzdem dazu auf, unsere
Pferde zu satteln. So wurden wir dann als "lebender Zaun" im Corral aufgestellt,
wo wir die Rinder daran hinderten, abzuhauen, während Stephen mit
seinem Pferd einzelne Tiere von der Herde trennte und Ivon, ebenfalls auf
dem Pferd, den Torwächter machte.
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Zweiter Tag - Round up und Sightseeing
Wieder
ritten wir bei Sonnenaufgang los, diesmal aber in reduzierter Besetzung
- nur Stephen, Ivon, Laura und ich.
Es war erst
halb drei, die Rinderarbeit war für diesen Tag erledigt. Mittags waren
zwei neue Gäste eingetroffen, ein älteres Ehepaar aus New York,
die Frau eine absolute Reitanfängerin.
Für
den nächsten Tag sollten zwei Gruppen zum Ausreiten gebildet werden
- eine für die Anfänger und eine für die Fortgeschrittenen.
Da es sehr heiß war fragten Laura und ich bei Jackie an, ob es möglich
sei, früher als erst um neun Uhr loszureiten. Sie wurde direkt fuchsig
und meinte, dass sie aber nicht früher Frühstück machen
würde! Aber Abritt um acht sei möglich, wenn wir zusammen mit
den Wranglern um sieben frühstücken würden.
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Sieben Tage boring-Mule-Shoe-days
Die folgenden
Tage begannen für mich immer gleich. Früh aufstehen - weil ich
einfach nicht lange Schlafen wollte oder konnte - ich war doch auf einer
Ranch - meine Traumurlaub! In Wyoming war ich immer früh aufgewesen,
zum Fenster gegangen, hatte herausgeschaut und zu mir gesagt: "This will
be a great day!". Hier stand ich auf, murmelte: "This will be another boring
Mule Shoe day" und saß dann drei Stunden mit Kaffee auf der Veranda,
bis die anderen endlich ausgeschlafen und gefrühstückt hatten.
Einen schönen
Ausritt hatten wir zu einem Wasserfall. An einem Fluß banden wir
die Pferde an, wir sollten von dort aus ein Stück zum Wasserfall wandern.
Ich habe standhaft versucht, mich zu weigern - schließlich buche
ich extra Ranchurlaube, damit ich nicht zu Fuß gehen muss ...
Ein anderes Mal sind wir einen Flußlauf entlang geritten, bis wir zu einigen Felsen kamen, wo Indianerzeichnungen in die Steine eingeritzt waren. Auch dies war eine wirklich herrliche Szenerie (landschaftlich! ;-) ), die man in dieser Wüste gar nicht erwartete zu finden. Man braucht wohl nicht weiter zu erwähnen, dass es nicht John war, der uns zu so einem schönen Platz führen konnte ... Abends half
ich beim Füttern der Pferde und Kälber mit Heu, manchmal fütterte
ich auch mit Rob zusammen Stephens Bluthunde, die er für die Jagd
auf Berglöwen hielt. Mit Johnny fuhr ich einmal zu einer kleinen Landebahn
und durfte mit seinem Revolver auf ein Stück Holz schießen.
Mit Rob war ich einen Nachmittag in Prescott zum einkaufen, auf dem Rückweg
durfte ich die restlichen zehn Meilen Schotterweg zur Ranch seinen "Truck"
fahren - ein riesiger Geländewagen mit fünfhundert PS. Abends
wurde manchmal Ping Pong oder Dart gespielt. Einen Abend, als Laura noch
da war, fuhren wird zu dritt mit Robs Truck einen Hügel hinauf, um
dort im Dunkeln die Sterne zu beobachten. Die Fahrt dorthin war das reinste
Abenteuer - ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass
ein Wagen durch dieses unwegsame Gelände fahren könnte - durch
einen Fluss durch und sandige und felsige Trails mit unglaublichen Steigungen
hinauf und hinab - das ließ den Adrenalinspiegel richtig gut hoch
knallen ...
An einem
Tag zogen alle Gäste gemeinsam mit John und Rob zu einem langen Ausritt
aus. Unterwegs trafen wir auf ein Fohlen, das mutterseelen allein war.
Wir ritten zu ihm hin und sahen die schrecklichen Verwundungen, die das
Fohlen an den Hinterbeinen hatte. Offensichtlich war es im Stacheldraht
hängen geblieben, an seinen Schenkeln klafften riesige Wunden. Es
sah nicht gut für das Fohlen aus, zudem ließ es sich auch nicht
einfangen. Und die Mutter musste dringend gefunden werden, damit es Milch
bekam. Alle waren in heller Aufregung, und außer mir waren die Gäste
nicht sehr sicher mit ihren Pferden. Schließlich brach ich mit Robs
Wissen auf, um dabei zu helfen, die Mutterstute zu finden.
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Der Headwrangler kommt zurück
Nach sieben
Tagen kam Stephen zurück - endlich!
Am nächsten
Tag brachen wir früh auf, um Rinder zusammenzutreiben. Wir ritten
zu sechst los. Unterwegs fanden wir eine Klapperschlange - eigentlich nichts
ungewöhnliches in dieser Gegend, ich hatte schon zwei weitere gesehen.
Stephen sprang von seinem Pferd und begann, mit seinem Lasso auf die Klapperschlange
einzuschlagen.
Gegen elf
führte John zwei Gäste zurück zur Ranch, während ich
mit Stephen und einem anderen Gast, Paul, weiterritt. Wir holten ca. 15
Rinder aus den Hügeln und kamen völlig ausgetrocknet gegen vier
Uhr nachmittags zurück zur Ranch. Nachdem ich mein Pferd versorgt
und dann selbst etwas getrunken hatte, wäre ich am liebsten wieder
losgeritten. Anstatt kaputt auf der Veranda zusammenzubrechen war ich jetzt
so richtig fit und wartete ungeduldig bis fünf Uhr, um beim füttern
der Tiere zu helfen.
Am Freitag
brachen wir wieder zum Round up auf. Nach einiger Zeit trennten wir uns,
John ritt mit Christine weiter, während ich mit einem anderen Gast,
Jerry, bei Stephen blieb. Wir brachten ca. dreißig Rinder zur Ranch,
diesmal trafen wir schon mittags dort ein.
Abends das
obligatorische Lagerfeuer. Die anderen Gäste waren schon früh
schlafen gegangen, also saß ich mit Stephen und John alleine an der
Glut. Ich war ziemlich schweigsam. Mir blieben noch zwei Tage, am Montag
würde ich abreisen. Und Stephen war ab morgen mal wieder nicht da,
er musste auf eine Beerdigung und auf eine Hochzeit. Das hieß, dass
ich wieder den furchtbaren Touri-Ausritten mit John ausgeliefert war.
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Boring horseback ridings again und Abschied
![]() Ich
machte sie einen Tag lang mit. John brachte ich noch auf die Palme, weil
ich andauernd die pinkelnden Pferde fotografierte.
Am Abend
reiste ich ab. Genug Touri-horseback-ridings - dafür war ich nicht
nach Amerika gekommen. Meinen letzten Amerikatag nutzte ich dazu, mir Phoenix
anzusehen, wo das Arizona fair stattfand, eine Art Jahrmarkt mit Tierausstellung.
Lieber einen Tag American Way of Life besichtigen als mich wie Vieh von
John durch die Kakteenwüste treiben zu lassen.
Diesmal
war ich nicht so verzweifelt wie im Sommer bei meinem Abschied von Wyoming,
als ich in den Flieger nach Deutschland stieg. Diese Ranch würde ich
nicht vermissen, vielleicht die Ritte mit Stephen, aber bestimmt nicht
die vielen Stunden Langeweile und die unfreundlichen Leute dort.
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